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Wieso du als Student wissen solltest, ob du extrovertiert oder introvertiert bist

„Wieso? Ich weiß die Antwort doch“. Das war die Antwort meines Grundschul-Ichs auf die Frage meiner Mutter, wieso ich mich im Unterricht nicht meldete. Meine Lehrerin sprach sie auf diesen „Mangel“ an. An dieser Stelle sind sicherlich einige über die Antwort verdutzt, andere schmunzeln, weil sie sich in den Worten des introvertierten Kindes wieder erkennen.

Als introvertierte Person, habe ich mich viel mit dem Thema der Persönlichkeitseigenschaft „introvertiert“ beschäftigt. In meinem Leben wurde mir ständig gesagt, dass ich „schüchtern“ sei. Es dauerte eine Weile bis ich verstand, dass das überhaupt nicht stimmte. „Schüchtern? Ich traue mich doch zu reden. Ich möchte nur gerade nicht.“ Unsere Welt ist in vielerlei Hinsichten auf Extraversion ausgelegt. In der Schule müssen wir uns melden, um gute Noten zu bekommen und unter Menschengruppen sollen wir möglichst alle lautstark unterhalten und zum Lachen bringen. Andererseits gibt es auch Situationen, in denen die Welt eher auf Introversion ausgelegt ist. Wenn das Kind sich nicht leise mit sich selbst beschäftigt, obwohl die Erwachsenen das gerade möchten oder die verschlossene Bürotür, in der stundenlang alleine gearbeitet werden soll, obwohl man Menschen um sich herum braucht.

Introvertiert oder extravertiert?

Introversion und Extraversion sind zwei entgegenstehende Pole. Stell dir dazwischen eine verbindende Linie vor, auf der sich ein Regler befindet. Dieser Regler befindet sich bei dir entweder näher beim einen oder beim anderen Pol. Der Regler ist zudem kein Fixpunkt. Je nach Situation bewegt er sich mehr in die eine oder andere Richtung. Doch das Persönlichkeitsmerkmal introvertiert oder extravertiert wird dein Leben lang bleiben. Das ist auch gut so! Denn egal wo du dich befindest, du bist gut so wie du bist!

Introvertierte haben ein nach innen gekehrtes Wesen, während bei Extravertierten genau das Gegenteil der Fall ist. Mit einer einfachen Frage kannst du herausfinden, zu welcher Gruppe du gehörst: Möchtest du nach einem anstrengenden Arbeitstag lieber mit einer Gruppe von Kollegen was trinken gehen oder alleine ein schönes Bad einnehmen?

Introvertierte schöpfen Kraft daraus Zeit für sich zu haben. Ihre Batterie wird immer leerer, umso länger sie sich unter Menschengruppen befinden. Während Extravertierte Kraft daraus schöpfen unter Leuten zu sein. Ihnen fällt schnell die Decke auf den Kopf, wenn sie lange alleine sind. Das bedeutet nicht, dass Introvertierte generell keinen Sozialkontakt haben wollen oder Extravertierte nie alleine sein wollen. Introvertierte können manchmal auch sehr extravertiert wirken, wenn sie über ein bestimmtes Thema reden für das sie eine Leidenschaft haben. Hier kann auch mal der Extravertierte verblüfft verstummen.

Wichtig ist zu wissen, dass extravertierte Menschen nicht immer einfach nur „laute“ Menschen sind und introvertierte Menschen nicht schüchtern.

Tiefer gehe ich an dieser Stelle auf dieses Thema nicht ein. Es gibt gute Bücher zur Introversion: Still von Susan Cain (die Kraft der Introvertierten) oder der klügere denkt nach von Martin Wehrle. Zu beiden Persönlichkeitstypen (und noch mehr) kannst du hier lesen: So bin ich eben! Von Stefanie Stahl. Wobei ich bei diesem Buch empfehle es ggf. auszuleihen, da hier auf 16 Persönlichkeitstypen eingegangen wird und man selbst dadurch etwas zu kurz kommt. Allerdings könnt ihr hier auch gute Einblicke in die Welt des anderen Pols bekommen und das mit Umgangstipps, um Missverständnisse zu vermeiden. Es lohnt sich also als Introvertierter in die Abteilung der „Extras“ zu sehen und als Extravertierter in den Seiten der „Intros“ zu blättern.

Auch ein gutes Youtube-Video für Introvertierte hat die liebe Anna-Lara gemacht, das sich gerne auch Extravertierte anschauen können (nur 6 Minuten), um einen Einblick in ihre „verschlossenen“ Mitmenschen zu bekommen.

Warum das für das Studentenleben wichtig ist

Schön und gut. Aber warum solltest du das überhaupt für dein Studentendasein wissen? Bevor ich wusste, dass ich introvertiert bin, entstand ein kleiner Konflikt zwischen mir und einer Extravertierten. In den ersten Semestern verbrachten wir Erstis viel Zeit damit uns kennenzulernen und in Bars oder Clubs zu gehen. Das war auch für mich als Intro eine schöne Zeit. Doch einmal lag ich in meinem Kuschelpyjama gemütlich im Bett und las ein Buch. Es war erst 21 Uhr und eine Kommilitonin aus unserer Gruppe fragte mich, ob ich spontan Lust hätte jetzt feiern zu gehen. Dem ein oder anderen introvertierten Leser standen beim Lesen des Wortes spontan wohl auch kurz die Haare zu Berge. Als ich dann entgegnete, dass ich ablehne und schon im Bett liege, bekam ich eine kleine Backpfeife: einen Oma-Emoji und Druck, indem mir geschrieben wurde, dass die andere Kommilitonin auch spontan zugesagt hätte. Mir wurde also unter der Blume gesagt „nur du stellt dich so an“. Im Nachhinein stellte sich übrigens heraus, dass die genannte (ebenfalls introvertierte) Kommilitonin auch abgelehnt hatte. Die Extravertierte war also frustriert, weil sie unser Verhalten gar nicht verstand. Ich Introvertierte fühlte mich von der mir überhaupt nicht verständlichen Reaktion beleidigt.

Dieser kleine Konflikt ist ein gutes Beispiel, wieso du wissen solltest, was den jeweils anderen Persönlichkeitstyp ausmacht.

Ausgehen

Du solltest dir also als Introvertierter keinen Druck machen, wenn du nicht jeden Abend nach der Vorlesung feiern oder was Trinken gehen willst. Du brauchst Energie für dein Studium. Dieses bekommst du als Intro durch Zeit für dich. Als Extravertierter solltest du dich nicht verrückt machen, wenn deine Intro-Freunde ständig ablehnen. Das hat nichts mit dir zu tun. Wenn du Zeit unter Menschen brauchst, um nach der Uni Energie zu tanken, dann plane frühzeitig mit deinen Intros oder gehe spontan mit deinen Extras.

Vorlesungen

Auch Vorlesungen können einen Intro auslaugen. So kann es der Fall sein, dass du dich generell in einem vollen Vorlesungssaal völlig erschöpft fühlst und dadurch wenig bis gar nichts lernst. Oder ein kleiner Unterrichtssaal stresst dich, wenn du ständig aufgerufen wirst. Viele Introvertierte sind stille Lerner. Aufgerufen zu werden oder sich zu melden, stresst mich ungemein. Mir erschließt sich der Sinn daran nicht. Natürlich weiß ich, dass viele Menschen das brauchen (also verstehe ich den Sinn dahinter ja doch). Mich lenkt das ab, stört meine Konzentration und meinen Lernflow. Da viele Lehrenden extravertiert sind, verstehen sie das leider nicht. Damit musst du als Intro leider leben. Aber manchmal hat man auch das Glück, dass eine lehrende Person dabei ist, die Ahnung von diesem Thema hat. Wenn du also Vorlesungen wechseln kannst, dann mach das. Kämpfe nicht dein Leben lang dagegen an, dass du anscheinend „zu schüchtern“ wärst, dich zu melden. Das stimmt einfach nicht.

Anders herum, kann es sein, dass du als Extra gerade das brauchst. Auch hier solltest du reflektieren woraus du deine Kraft schöpfst. Im Unterricht viel mitarbeiten zu können? Eher kleine Gruppen, in denen du nicht nur eine Zahl bist? Oder ein großer Hörsaal, in dem du die Energie der vielen Menschen spürst?

Lernen in der Bib

Alle wollen in die Bib gehen, um zu lernen, nur du nicht. „Wie du lernst zuhause? Da kann ich mich gar nicht konzentrieren.“ Du siehst das anders. Vielleicht, weil du introvertiert bist und dich die bloße Anwesenheit der anderen unruhig machst. Oder brauchst du gerade die Anwesenheit von Personen, damit du konzentriert arbeiten kannst? Das kann an deiner Extraversion liegen. Wenn du weißt, dass es von deiner Veranlagung kommt, dann ist es auch leichter zu akzeptieren, dass du nie zuhause bist oder nie in der Bib lernst. So kannst du auch das nächste mal mit gutem Gewissen „Nein, danke“ sagen, wenn dir bewusst wird, dass du sonst nur der Masse folgst und deinem Lernerfolg im Weg stehst.

Kommilitonen

Steckst du als Intro in einer extravertierten Gruppe oder als Extra in einer introvertierten, dann kann das Energie rauben bzw. deine Energie nicht aufladen. Wenn es zunehmend belastend für dich wird, dann such Anschluss bei anderen Kommilitonen. Das ist okay! Ich meine damit ja nicht, dass du Freundschaften beenden sollst, auf keinen Fall. Ich liebe meine extravertierten besten Freunde (und davon habe ich einige Extras <3), doch als einziger Intro ständig unter Extras zu sein, kann anstrengend werden. Vor allem, wenn man sich dann „anders“ fühlt. Man hat einfach andere Bedürfnisse, die auch nicht gestillt werden, wenn deine Kommilitonen unbedingt wieder nach der Uni was Trinken gehen möchten. Das ist natürlich auch umgekehrt der Fall, wenn ein Extra mit seinem leidenschaftlichen Reden nur noch auf stille (erschöpfte) Intro stoßt, dessen Batterien leer sind. Auch hier gilt eine offene Kommunikation, Mitgefühl und Verständnis!


Du siehst also, dass es durchaus sinnvoll sein kann, sich mit der eigenen Persönlichkeit auseinander zusetzen. Wenn du das schon getan hast, dann schnuppere gerne in andere Charaktere hinein. Natürlich sind wir alle individuelle Wesen und man kann niemanden in eine Schublade stecken. Auch auf der Intro-Extra-Skala bewegen wir uns ständig hin und her. Aber es tut gut über die wesentlichen Züge des eigenen Ichs bescheid zu wissen und für sich selbst Verständnis aufzubringen!

Deine Jenni ❤

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